Quem os turistas americanos escolhem? #ÚltimasNotícias #Suiça

Die Leute sind aufgewühlt, und das liegt an der Pappe. Da wollten sie unbedarft das Heidelberger Schloss besuchen, samstagsvormittags bei bestem Wetter, haben sich vielleicht sogar die rund 300 Stufen hochgequält auf den Schlossberg, noch ist es ja nicht so warm, und dann stehen ausgerechnet diese beiden da, die zwei Kandidaten für die US-Präsidentschaftswahl im November. Wobei Kamala Harris nicht so interessiert. Donald Trump fällt viel mehr auf. Über ihn fällt so manch hässliches Wort; am häufigsten aber stellen die Touristen schlicht fest, wer da vor ihnen steht, als wäre das Schimpfwort genug: „Trump!“ Ein Mann in Malerhosen läuft vorbei: „Leben die noch?“

Diese beiden hier haben sicher noch nie gelebt, denn sie sind aus Pappe, wenn auch lebensgroß. Trump steht zufrieden und breitbeinig da, Haare und Haut ein wenig bleicher als sonst, aber mit obligatorisch nach oben gerecktem Daumen. Harris hält sich lächelnd auf Pumps und reicht der Luft die Hand. Es geht bei unserem kleinen Experiment um die Frage, wen die Amerikaner am 5. November wählen wollen und warum – und für ein (gänzlich unrepräsentatives) Meinungsbild sind wir zum Heidelberger Schloss gezogen, wo sich zur Urlaubszeit bekanntlich viele von ihnen herumtreiben.

Zunächst mal sorgt die Anwesenheit von Trump und Harris für einige Unruhe; die meisten Touristen zeigen mit dem Finger auf die Pappen und lachen laut. Ein Pole und einige Chinesen verlieren gar keine Worte und posieren schnell privat mit Trump, lächeln scheu und kümmern sich nicht um die beiden Journalisten, die danebenstehen.

Ein Reiseleiter baut die Pappkandidaten ohne Umschweife in seinen Vortrag ein und unterrichtet seine Zuhörer über die deutschen Wurzeln von Trump (Pfalz) und Harris’ Vizekandidaten Tim Walz (Baden). Die Figuren kippen immer wieder um aufs Kopfsteinpflaster, dessen Unebenheit schlicht nicht geschaffen scheint für einen würdigen Auftritt.

Die Sicherheitsleute und das Personal des Heidelberger Schlosses sind zunächst nicht sicher, wie sie reagieren sollen. Aber weil die Pappkandidaten gar nicht so disruptiv wirken sollten und die Verwaltung an einem Samstag nicht erreichbar ist, ziehen beide etwas weiter weg vom Schloss. Auch hier finden sich, Amerikaner sind bekanntlich nicht menschenscheu, dann auch tatsächlich solche, die über ihre Präferenz Auskunft geben und mit dem Pappenheimer ihrer Wahl auch posieren.

Viele finden interessant, dass die Deutschen die US-Wahl überhaupt interessiert. Manch einer dreht Harris oder Trump lieber um, bevor er sich neben seinen Favoriten stellt. „Ich kann ihn nicht anschauen“, sagt etwa Kirsten van der Ciel aus New York City.

Eine klare Meinung haben fast alle, und Hoffnung verbinden fast alle mit ihrem Kandidaten: Die Trump-Wähler sehnen sich nach einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage, die Harris-Wähler nach einer Frau im Amt, die sich nicht um sich selbst, sondern um die Menschen sorgt.

Nur Evelyn und Paul Celio aus Texas haben diese Wahl ziemlich abgeschrieben – und posieren lieber ohne Kandidaten. Trump sei verrückt, Harris inkompetent, sagt Evelyn: „Ich glaube, man könnte in eine Menschenmenge gehen, eine Kartoffel werfen, jemanden treffen und der wäre ein besserer Kandidat.“ Sie versuche, den Wahlkampf nicht zu verfolgen. „Ich muss meinen Puls niedrig halten.“

Jeff Haden aus Kalifornien ist mit seiner irischen Freundin unterwegs, die niemals Trump wählen würde, im Gegensatz zu ihm. „Irgendwann wird sie es verstehen“, sagt er. Sie hätten aber Respekt vor der Meinung des jeweils anderen, sagt auch die Irin. Haden ist gespannt auf die Fernsehdebatte zwischen Trump und Harris nächste Woche, am 10. September. Er glaubt, dass Trump daraus abermals als Sieger hervorgehen wird, wie schon gegen Biden. Aber er sagt auch die vermutlich versöhnlichsten Sätze an diesem Tag: „Möge die Debatte fair sein, gutes Gelingen an beide!“